
Warum Texte nicht von allein gut werden – auch nicht mit KI
Wer hat’s geschrieben? Diese Frage gewinnt derzeit rasant an Bedeutung. In Redaktionen, Agenturen, Kommunikationsabteilungen – überall dort, wo publiziert, produziert, getextet wird. Seit generative KI-Modelle Sätze nicht nur vervollständigen, sondern ganze Artikel auf Zuruf ausspucken, geht die Sorge um: Droht der Autor als Figur zu verschwinden? Die eigene Stimme zu erlöschen? Die Qualität zu erodieren?
Dabei wird häufig eins übersehen: Schreiben ist nicht gleich Denken. Und Tippen allein war noch nie ein Beweis für Substanz.
Denn ein Text ist kein Selbstzweck. Er ist Ausdruck. Er transportiert Gedanken, Perspektiven, Bewertungen. Das, was ihn lesenswert macht, entsteht nicht im letzten Schritt, sondern im ersten. Im Denken.
Dass Tools wie ChatGPT heute erstaunlich gute Entwürfe liefern können, ändert daran nichts. Im Gegenteil. Es verschiebt den Fokus dorthin, wo er ohnehin hingehört, nämlich auf die geistige Vorleistung. Auf die Frage: Wer hat sich hier eigentlich etwas gedacht?
Denn genau dort verläuft die Grenze. Nicht zwischen Mensch und Maschine, sondern zwischen Bedeutung und Beliebigkeit.
Von der Verantwortung, KI zu nutzen
Wer heute in der Kommunikation arbeitet und KI konsequent ignoriert, tut sich keinen Gefallen. Denn dort, wo Inhalte durchdacht, strukturiert und auf Wirkung hin entwickelt werden müssen, kann KI echte Entlastung schaffen – vorausgesetzt, sie wird klug eingesetzt.
Wer Inhalte produziert, egal ob für Websites, Kampagnen, Präsentationen oder Artikel, steht heute auch in der Verantwortung, Werkzeuge zu nutzen, die Prozesse beschleunigen und gleichzeitig die Qualität sichern können. Nicht als Selbstzweck, sondern aus Respekt vor dem Ergebnis.
Denn richtig eingesetzt bedeutet KI:
mehr Zeit für Strategie,
mehr Energie für kreative Tiefe,
mehr Spielraum für Wirkung in Sprache, Aufbau, Zielgruppenansprache.
Das ist kein Tool-Fetischismus. Es ist ein Gebot der Sorgfalt und der Verantwortung gegenüber Kunden. Wer mit den richtigen Werkzeugen schneller zu besseren Ergebnissen kommt, handelt im Sinne der Sache. Wer darauf verzichtet, ohne es begründen zu können, verspielt Potenzial für sich selbst und für die, die auf gute Kommunikation angewiesen sind.
KI ist nicht die Lösung aller Probleme. Aber sie ist ein Teil der Lösung, wenn man weiß, was man tut.
KI ersetzt kein Handwerk. Sie skaliert es.
Natürlich entstehen auch Texte, denen es an inhaltlicher Tiefe fehlt, an Substanz. Texte, bei denen man merkt, dass sie KI-generiert sind und denen man direkt ansieht, dass kein Mensch ausführlicher nachgedacht hat.
Aber die gab es auch schon vor KI.
Was dabei fehlt, ist nicht der Mensch an der Tastatur. Es fehlt die Substanz im Kopf. Ohne Idee, ohne Kontext, ohne Haltung bleibt ein Text bloße eine Hülle.
Texte, die wirken sollen, brauchen mehr:
Sie brauchen echte Kommunikatoren. Menschen, die das Handwerk beherrschen. Menschen mit Sprachgefühl. Menschen, die wissen, wie ein Text funktioniert. Die psychologische Mechanismen erkennen, Zielgruppenbedürfnisse analysieren, Wirklogiken, Kontext, Tonalität verstehen. Denn Texte entstehen nicht einfach so. Sie folgen einer inneren Logik und sie haben ein Ziel. Zumindest, wenn sie gut gemacht sind.
Das alles kann man nicht prompten. Man muss es verstanden haben.
Oder anders gesagt: Wer vorher kein Verständnis fürs Schreiben hatte, bekommt es mit KI auch nicht.
So wenig wie jemand, der keine Ahnung vom Kochen hat, automatisch ein gutes Menü zaubert, nur weil er einen Thermomix besitzt. Es mag essbar sein. Vielleicht sogar lecker. Aber die Auswahl der Zutaten, die Gewürze, die Liebe – das muss man immer noch selbst reingeben. Wer davon nichts versteht, bekommt kein Gericht mit Charakter. Nur ein Ergebnis ohne Handschrift.
Bevor man also darüber diskutiert, ob ein Text mit oder ohne KI entstanden ist, sollte man sich eine andere Frage stellen: Hat jemand das Thema wirklich verstanden? Hat jemand eine Haltung, eine Idee, ein Ziel verfolgt? Denn genau das macht einen Unterschied. Und genau hier beginnt das, was viele mit „Authentizität“ meinen.
Authentizität ist kein Stilmerkmal. Sie ist Ergebnis von Haltung
Aus meiner Sicht gibt es ein weit verbreitetes Missverständnis: Dass Texte nur dann glaubwürdig oder „echt“ seien, wenn sie vollständig selbst geschrieben wurden. Doch Authentizität entsteht nicht automatisch durch Autorenschaft. Sie zeigt sich, wenn jemand sich ernsthaft mit dem Thema beschäftigt hat und etwas Eigenes im Text steckt.
Ein Text kann mit KI-Unterstützung entstehen und trotzdem authentisch sein.
Weil jemand seine Gedanken formuliert hat, seine Haltung spürbar wird, seine Stimme durchkommt.
Ebenso kann ein „von Hand“ geschriebener Text leer bleiben, wenn er bloßes Pflichtprogramm war.
Was zählt, ist nicht die Herstellungsweise. Sondern der gedankliche Abdruck, der bleibt.
Denken bleibt Handarbeit
Texte entstehen heute anders. Schneller, technischer, kollaborativer. Aber eines hat sich nicht verändert: Gute Inhalte beginnen im Kopf.
Wer denkt, kann und sollte KI nutzen. Wer nicht denkt, bekommt zwar auch Ergebnisse. Aber keine, die wirklich tragen. Sie sind vielleicht auffindbar. Aber sie hinterlassen nichts. Keine Erkenntnis. Kein Gefühl. Kein Bedürfnis, weiterzulesen oder weiterzudenken.
Die große Gefahr liegt also nicht in der Technik. Sondern in der gedankenlosen Anwendung. Denn eine KI kann vieles. Nur eines nicht: einen Text mit Substanz schreiben, wenn vorher niemand etwas zu sagen hatte.